Wacholder und Wandern

75 Jahre Naturschutzgebiet Volkmarsberg in Oberkochen – vielfältige Flora und Fauna

Seinen 75-jährigen Geburtstag als Naturschutzgebiet begeht in diesem Jahr der Volkmarsberg. Er wurde 1938 als erstes Naturschutzgebiet im Ostalbkreis und als fünftes im heutigen Regierungsbezirk Stuttgart ausgewiesen – eine Bilanz des Regierungspräsidiums.

Das Naturschutzgebiet Volkmarsberg wird 75. Schmetterlinge profitieren von dem reichen Blütenangebot und seltene, auf kurzrasige Schafweiden angewiesene Heuschreckenarten lassen sich beobachten.

Eigentlich ist der Volkmarsberg das älteste Naturschutzgebiet im Regierungsbezirk überhaupt, denn schon 1925 war die Wacholderheide auf der Bergkuppe von der Gemeinde Oberkochen selbstlos und ausschließlich aus Naturschutzgründen auf einer Fläche von rund 25 Hektar zum Banngebiet erklärt worden. Die einstige Schafweide, die teilweise vom Wald zurückerobert wurde, war dauerhaft geschützt. „Die malerische Wacholderheide wird von schönen Weidbuchen und Kalkfelsen durchsetzt und bietet vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum“, sagt der Stuttgarter Regierungspräsident Johannes Schmalzl. Das Naturschutzgebiet bedürfe aber einer intensiven Pflege, um erhalten zu werden.

Die Rodung des 743 Meter hohen Volkmarsbergs reicht bis ins Spätmittelalter zurück, als man Flächen für Ackerbau und Viehweiden gewinnen wollte. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch die Wanderschäferei Wacholderheiden mit mächtigen Weidbuchen. Der verzweigte Wuchs der Buchen ist auf den Verbiss durch Weidetiere zurückzuführen. Ende des 19. Jahrhunderts galt der Volkmarsberg als einer der reichsten Orchideenstandorte der Alb, auf dem sogar der Frauenschuh anzutreffen war. Das Katzenpfötchen – auch Himmelfahrtsblümle – wuchs in großer Zahl. Mit zunehmendem Ausflugsverkehr wurden die bezaubernden Pflanzen jedoch von vermeintlichen Naturfreunden gepflückt oder gar ausgegraben. Viele Pflanzen litten dadurch stark oder wurden sogar ausgerottet. Dazu kam, dass die Beweidung nachließ und eine Wiederbewaldung durch Buchen einsetzte. Die Naturschutzbemühungen in den 1920er-Jahren waren daher laut Regierungspräsidium ein wichtiger Schritt, den Heidecharakter dieses einzigartigen Gebiets zu erhalten.

Ein Problem blieb in den folgenden Jahrzehnten die zu schwache oder ganz ausbleibende Beweidung. Der Wald drang von den Rändern her in die Heide ein – Naturschutzgebiet hin oder her. Die Verbuschung war Ende der 1980er-Jahre so weit fortgeschritten, dass durchgreifende Maßnahmen unumgänglich waren.

In mehrjähriger, kontinuierlicher Arbeit haben das Forstamt Oberkochen, die damalige Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege, der Schwäbische Albverein, die Stadt sowie ein internationales Jugend-Workcamp die Heide auf dem Volkmarsberg ausgelichtet. Danach hatte das Gebiet wieder seinen Charakter: Enziane, Orchideen und Silberdisteln hatten Licht zum Wachsen.

Heute kümmert sich der Landschaftserhaltungsverband Ostalbkreis um die Pflege. Auf den offenen Flächen lässt ein Wanderschäfer regelmäßig seine Tiere grasen. Teile werden von der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins gemäht, Einsätze mit Spezialmaschinen des Regierungspräsidiums oder des Forstreviers Oberkochen verhindern ein flächiges Verwachsen.

Der Aufwand und die Mühen werden durch eine vielfältige Flora und Fauna belohnt: Männliches, Geflecktes, Kleines Helm- und Brand-Knabenkraut, Heide- und Kartäuser-Nelke, Silber- und Golddistel, Katzenpfötchen und Kugelblume, Kreuz-, Frühlings- und Fransen-Enzian besiedeln das Naturschutzgebiet. Auch Weißes und Rotes Waldvögelein, Braunrote, Breitblättrige und Müllers Stendelwurz, Ästige Graslilie, Küchenschelle sowie Berg-Gamander kommen hier vor.

Schwäbische Post


zurück

[Home]