Vor 70 Jahren (1938) wurde der Volkmarsberg als eines der ersten Gebiete in Baden-Württemberg unter Naturschutz gestellt. Aus diesem Anlass besuchte der neue Regierungspräsident, Johannes Schmalzl, die Stadt Oberkochen und wanderte zusammen mit Landrat Klaus Pavel, Bürgermeister Peter Traub, zahlreichen Stadträten sowie Mitgliedern des Schwäbischen Albvereins und der Naturschutzverbände, darunter dem Vizepräsidenten des Schwäbischen Albvereins, Reinhard Wolf, durch die wunderschöne Heidelandschaft des Oberkochener Hausbergs.
v.l.n.r.: Regierungspräsident Johannes Schmalzl, der Geschäftsführer des Landschaftserhaltungs- verbands Ostalb, Ralf Worm, Landrat Klaus Pavel, Andreas Stütz (Naturschutzbund Deutschland), Bürgermeister Peter Traub, Hanspeter Pfeiffer (BUND Aalen) und Stadtrat Bruno Balle. |
Es war nicht nur ein bloßer Antrittsbesuch. Johannes Schmalzl, vormals Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg und Nachfolger von Dr. Udo Andriof im Amt des Regierungspräsidenten des Regierungsbezirks Stuttgart, zeigte sich interessiert und war beeindruckt von der natürlichen Schönheit des Ostalbkreises, insbesondere der Heidelandschaft des Naturschutzgebiets „Volkmarsberg“. Letzteres feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag und war, als es 1938 unter besonderen Schutz gestellt wurde, das vierte Naturschutzgebiet im heutigen Baden-Württemberg. Dies war für Regierungspräsident Johannes Schmalzl, Landrat Klaus Pavel und Bürgermeister Peter Traub Anlass, um die Bedeutung und Schönheit dieses Gebietes in das öffentliche Interesse zu rücken und es gemeinsam mit Vertretern der verschiedenen Naturschutzverbände zu durchwandern.
Die Gruppe machte immer wieder Station, um sich aus fachkundigem Mund über die Besonderheiten des Naturschutzgebiets und die seltene Flora zu informieren. Als wahrer Experte erwies sich dabei Reinhard Wolf, der nicht nur Vizepräsident des Schwäbischen Albvereins ist, sondern zugleich Landeskonservator und Leiter des Referats „Naturschutz und Landschaftspflege“ beim Regierungspräsidium Stuttgart.
Regierungspräsident Johannes Schmalzl ging in seiner Ansprache auf die Entstehung und geschichtliche Entwicklung der Wacholderheide auf dem Volkmarsberg ein. Nachdem dieses Gebiet wahrscheinlich schon im Spätmittelalter gerodet und landwirtschaftlich genutzt wurde, begann man Mitte des 19. Jahrhunderts damit, die Bergkuppe als Viehweide zu nutzen. Später wurde die Viehbeweidung zugunsten einer Schafbeweidung aufgegeben.
1930 wurde der heutige Volkmarsbergturm erbaut, der eine Holzkonstruktion aus dem Jahr 1895 ersetzte. Ab 1939 wurde der Volkmarsberg militärisch genutzt, zunächst von der Deutschen Wehrmacht, danach bis 1961 von der US-Armee. Zwar wurde der Volkmarsberg bereits im Jahr 1925 von der damaligen Gemeinde Oberkochen zum Pflanzenschutzgebiet erklärt und im Jahr 1938 förmlich unter Naturschutz gestellt. Dennoch genügten rund drei Jahrzehnte fehlende Beweidung, um das malerische Bild einer Heidelandschaft in einen bewaldeten „Urwalddschungel“ zu verwandeln. Die Wacholderheide, eine ursprünglich von Menschenhand erschaffene Kulturlandschaft, drohte zu verschwinden. Erst nach Abzug der Militärs konnten sich die Naturschützer dem zum „Pflegefall“ gewordenen Volkmarsberg wieder widmen.
1967 begannen die Pflegeaktionen, bei denen, so paradox es klingt, vor allem das Vordringen des Waldes verhindert wurde. Ab 1974 wurde der Volkmarsberg wieder mit Schafen besetzt. In den 1990er Jahren entstand dann die sog. Pflegegemeinschaft Volkmarsberg, bestehend aus staatlicher Forstverwaltung, Schwäbischer Albverein und Stadt Oberkochen, die 1995 für ihr großes Engagement den Kulturlandschaftspreis des Schwäbischen Heimatbundes erhielt.
Trotz aller Bemühungen ist die Wacholderheide im unteren Teil unwiederbringlich verloren gegangen. 34% des Naturschutzgebiets sind noch offene Heide, 66% sind Wald. Umso mehr bemühen sich die Beteiligten, das Naturschutzgebiet am Volkmarsberg zu erhalten und in seinem Bestand zu sichern. Hierbei ist vor allem das großartige ehrenamtliche Engagement der Mitglieder der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins, vor allem der sog. Holzmachergruppe, sowie die Unterstützung der vielen Naturschützer zu erwähnen.
Das Naturschutzgebiet Volkmarsberg belege beispielhaft, so der Regierungspräsident, dass wir es in unserem Land mit von Menschen geschaffener Kulturlandschaft zu tun haben, die nicht statisch sei, sondern sich ständig in Abhängigkeit vom menschlichen Wirken verändere. Unterbleibe daher die Nutzung durch uns Menschen, entwickle sich die Vegetation in unseren Breiten zum Wald. Mensch und Natur dürfen sich daher nicht gegenseitig ausschließen.
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