Der Volkmarsberg, Oberkochens Hausberg, hat im Albvereinsleben immer eine ganz besondere Rolle gespielt. Schon 1890 wird er in den Albvereinsblättern (III. Jahrgang, Nr. 8) beschrieben:
»Wegbezeichnung tut not«, sagt der Verfasser. Schon wenig später (1893) berichtet der Nordostgau, daß u. a. der Weg von Oberkochen zum Volkmarsberg markiert wurde. Hervorgehoben wurde dabei die Tätigkeit von Schultheiß Bezler. Fast in jedem der folgenden Jahre werden nun Mittel bereitgestellt, um das Wegenetz in diesem schönen Wandergebiet zu verbessern und zu markieren.
Auf dem Volkmarsberg befand sich damals ein 11 Meter hoher Holzturm, der 1890 vom Staatlichen Vermessungsamt zu Meß- und Orientierungszwecken errichtet wurde. 1895 genehmigte die Hauptversammlung des Schwäbischen Albvereins den Kauf dieses Holzturmes, der zu einem 16 Meter hohen Aussichtsturm ausgebaut werden sollte. Für den Kauf wurden 300 Mark bereitgestellt, aber erst 1897 war der Turm dem Katasteramt »entbehrlich«.
»Auch der Volkmarsbergturm ist jetzt eine genußreiche Frucht, die mit Recht in Oberförster Weigers Schoß fallen darf«,
heißt es im Bericht über die Versammlung des Nordostgaues, die am 6. Januar 1897 im Schubartsaal zu Aalen stattfand. Und ein Jahr später aus der Gauversammlung in Gmünd:
»Das bedeutendste Werk dieses Jahres ist Erwerb und Ausbau des Volkmarsbergturmes durch den Albverein (380 Mark), dem Gau zur Freud, niemand zu Leid«.
Der Kauf und Ausbau des Turmes wurde schließlich doch noch etwas teurer, wie man aus der Gauversammlung des Jahres 1899, Versammlungsort war die »Harmonie« in Aalen, erfährt:
»Der Volkmarsbergturm steht nach Abzahlung von 524 Mark stolz und frei von Schuld und Fehle auf dem Berggrund. «
Wanderbericht des Gauobmannes Franz Keller »Rosenstein - Volkmarsberg - Aalen« von 1897:
»Nun bis zum Ziel der Wanderung ein zweistündiger Marsch fast durchweg im Wald (Grabhügel), der bei jedem Menschen das gleiche Gefühl der Vereinsamung wecken wird, der Entfernung von menschlicher Kultur und Stätte, wie es den Wanderer im Hochgebirge ergreift. Und nach dieser Vorbereitung des Gemüts liegt plötzlich der eigenartige Volkmarsberg vor dem Auge, ein Waldmeer ringsum, in der Mitte aus dem Kocher- und Wolfertstal ansteigend, die sanfte Kuppe des Bergs mit Heide bedeckt und unzähligen Wacholderbüschen. Die Aussicht vom Volkmarsberg (743 m) kann vom Aussichtsgerüst wie von den beiden natürlichen Aussichtspunkten der südlich gelegenen schwarzen Felsmasse und dem nördlichen Felsturm genossen werden ...«
Noch im gleichen Jahr erlebte der Volkmarsberg einen Höhepunkt in der Albvereinsgeschichte, er war Ziel der jährlichen Festfahrt. Am 27. Juni 1897 brachte ein Sonderzug die Teilnehmer in unsere Region. Schon in Unterböbingen stieg der Hauptteil der aus Stuttgart kommenden Wanderschar aus, »es mögen gegen 1000 Köpfe gewesen sein, darunter viele tapfere Damen«, um über den Rosenstein, Lauterburg und Tauchenweiler zum Volkmarsberg zu marschieren.
Festfahrt des Albvereins auf den Volkmarsberg (1897) |
»Nur eine Stimme des Entzückens hörten wir über die prachtvollen Wälder, die vorzügliche Wegemarkierung und die gutgepflegten Wanderwege. Diese hatte die Frhr. v. Wöllwarthsche Gutsherrschaft noch eigends zur Festfahrt nachbessern lassen. «
Die Wanderer ließen sich auch durch das aufkommende Gewitter nicht stören.
»Während der Reden hatte sich ein neues Gewitter zusammengezogen und überschattete bald auch die Bergfahrer mit ausgiebigen Güssen, die aber, Männlein und Weiblein, wirkliche Wetterfestigkeit bekundeten«.
Trotz der Witterungsunbill fand die Festfahrt bei den Teilnehmern eine überaus positive Resonanz.
In der Gauversammlung 1902 werden »für einen guten direkten Zickzackweg vom Volkmarsberg nach Oberkochen, vom Turm in östlicher Richtung« 100 Mark bereitgestellt, der Weg konnte aber erst im darauffolgenden Jahr angelegt werden.
Aus der Gauversammlung des Jahres 1904 wird dazu folgendes berichtet:
»Vom Volkmarsberg führte bis jetzt kein guter Weg zu Tal. Es ist nun von Oberförster Weiger mit einem Aufwand von 142 Mk. Ein solcher an der Ostseite des Berges mit 7 - 10% Steigung in der Länge von 810m erstellt worden, der sich würdig denen auf Rechberg, Rosenstein, Braunen, Ipf an die Seite stellt. Der laufende Meter kam auf 16,8 Pfg. Die Schwierigkeiten, welche zu überwinden waren, bestanden nicht allein in der Bearbeitung des teilweise schwierigen Geländes, sondern auch der teilweise noch schwierigeren Gemeinde.«
Am Turm zeigten sich immer wieder Schäden, 1905 mußte er wegen Baufälligkeit gesperrt werden. Die Gauversammlung befaßte sich daraufhin sogar mit der Frage, ob der Turm erhalten oder abgetragen werden solle.
»Nachdem Zweifel über die Notwendigkeit des Turmes erhoben wurden, teilte Oberf. Weiger mit, daß die Heide mit der Zeit aufgeforstet werde« (wohl eine taktische Bemerkung, Anm.). »Er befürwortete die Reparatur mit Eichenholz und glaubt, man könne später dem Gedanken eines steinernen Turmes näher treten. Die allgemeine Stimmung war für die dauernde Erhaltung des Turmes, des einzigen im Nordostgau, und so wurden 200 Mk. beantragt für die Wiederherstellung des Turmes in seiner jetzigen Gestalt«.
Doch blieben die Reparaturen Stückwerk. 1911 stellte sich schon wieder die Frage, »was soll mit dem Volkmarsbergturm geschehen? Er ist baufällig und muß mit der Zeit abgetragen werden. Soll nun ein neuer Turm erstellt werden oder nicht«. Man beschloß, bei der Hauptversammlung in Plochingen folgenden Vorschlag vorzubringen: Steinerner Turm mit Schutzhütte, etwa 15 m hoch, an der Stelle des bisherigen, nur vielleicht etwas näher an die Bäume gerückt. Die Bauart sollte sich der Umgebung anpassen. Noch im gleichen Jahr fiel der hölzerne Turm den Herbststürmen zum Opfer.
In der Hauptausschußsitzung des Schwäbischen Albvereins wurde am 3. März 1912 mit Stimmenmehrheit beschlossen, auf dem Volkmarsberg wieder einen Turm nach dem Muster des Uhlbergturmes bei Plattenhardt aufzustellen. Die Gauversammlung richtete daraufhin die Bitte an den Gesamtverein, für den Volkmarsbergturm von 1914 an, jährlich 1000 Mk. bereitzustellen, »damit in absehbarer Zeit die Inangriffnahme der Erbauung eines Turmes verwirklicht werden kann«. Vom Gau wurden dafür schon ab 1912 jährliche Raten von 300 Mk. vorgesehen. Der Krieg machte jedoch vorerst einen Strich durch diese Pläne.
Bevor wir uns nun erst einmal vom Volkmarsberg verabschieden, wollen wir noch einmal den Gauobmann Dr. Franz Keller zu Wort kommen lassen, der, vom Rosenstein kommend, den Volkmarsberg mit folgenden Worten malerisch beschrieb:
»Über die Biltz strebt man vor, plötzlich lichtet sich der Wald und der Volkmarsberg liegt vor den Blicken. Fremdartig ist der Anblick, wie er sich bietet: eine sanft gewölbte Kuppe hebt sich der Volkmarsberg aus dem Talring, von unserem Wald durch eine schwache Einsenkung getrennt. Die Heide breitet ihren Zauber über ihn aus, massenhaft sproßt auf ihr der dunkelgraugrüne Wacholder, eine zweite schöne Farbe darein werfend. Da und dort unterbrechen Gebüsche von Kiefern das Einförmige und gegen die Höhe sammeln sich niederbeastete Buchen an den Boden gedrückt und nicht zu hohen Wuchs sich rüstend. Wie mir plötzlich ein farbenprächtiges Bild meines Bruders, eine italienische Landschaft darstellend, in den Sinn kam, weiß ich nicht. Auf südliche Vegetation macht ja der Volkmarsberg gewiß keinen Anspruch. Es mag das Fremdartige der Farbe, das Malerische sein, was mich an jenes Bild erinnerte«.