Wie sicher in jedem Ort in Baden-Württemberg ist es auch in Oberkochen während der Vorweihnachtszeit besonders aufregend. So freuten wir uns Jugendliche im Schwäbischen Albverein von der hiesigen Ortsgruppe gleich auf mehrere Veranstaltungen noch im alten Jahr 2002.
Es begann mit einem Veranstaltungsdoppelpack am Samstag, 07. Dezember:
"Wir backen Weihnachtsbretla"
Treffpunkt: 8:30 Uhr, Dreißentalschule (Schulküche)
Wir werden an diesem Vormittag Weihnachts-"blätzla" und -"bretla" backen, die wir dann an der Waldweihnacht, am Sonntag, den 22. Dezember 2002 zu Gunsten unserer Patenschulklasse "TALITHA KUMI" in Palästina den Besuchern der Waldweihnacht verkaufen wollen. Zutaten und Rezepte braucht ihr keine mitzubringen...
...hieß es in der Einladung für die Jugendlichen im Amtsblatt von Oberkochen, dem "Bürger und Gemeinde".
Sybille (Wanderwartin unserer Ortsgruppe und Hauswirtschaftslehrerin an der Dreißentalschule) hatte alles bestens vorbereitet. Unter ihrer fürsorglichen Anleitung buken wir mit Unterstützung der Mütter Karin und Gisela sieben verschiedene Sorten von Weihnachtsbredla. Damit es uns nicht zu langweilig wurde, hatte Sybille noch Bastelmaterial mitgebracht, damit wir alle noch einen Schneemann für das Wohnzimmerfenster basteln konnten. Ein Teil von uns konnte es sich jedoch nicht verkneifen, statt Basteln die Wandtafel im dazugehörigen Klassenzimmer mal richtig mit bunter und nasser Kreide zu bemalen.
Stolz konnten wir unseren Eltern gerade noch zu Hause erzählen, dass wir für die Waldweihnacht auf dem Volkmarsberg fast 50 Tütchen (ca. 180 g schwer) mit von uns gebackenen Weihnachtsbredla gefüllt hatten (u.a. Schoko-Crossies, Spritzgebäck, Nuss- und Kokosmakronen), während wir unser Mittagessen "einwarfen", denn nachmittags lockte der Junior-Nusszwick.
Fast die gesamte Gruppe war beisammen, 19 Jungen und Mädchen aus unserer Gruppe, um sich nachmittags zu diesem beliebten Würfelspiel zu treffen.
Der "Nusszwick" ist ein Würfelspiel, das in Oberkochen in den 60er Jahren im Rahmen der Brauchtumspflege von Mitgliedern des Oberkochener Schwäbischen Albvereins eingeführt wurde und seitdem nicht nur innerhalb der Ortsgruppe ("Männernusszwick", "Handarbeitsnachmittag mit Frauen-Nusszwick", "Nusszwick für Groß und Klein" sowie "Junior-Nusszwick"), sondern auch in anderen Oberkochener Vereinen mit Begeisterung gespielt wird. In früheren Zeiten spielten bereits die Bauern auf der Heidenheimer Alb vor Allem im Winter dieses Würfelspiel. Einen Walnussbaum hatte jeder auf seinem Hof. Und Nüsse statt Geld als Spieleinsatz gewährleistete, dass Haus und Hof trotz Spielverlusten nicht den Besitzer wechselten. Das Grundprinzip des Spiels ist einfach: Eine oder mehrere Würfelbecher (je nachdem wie viele Personen mitmachen) laufen von Person zu Person, von Tisch zu Tisch; dabei muss jeder Vorder- wie Hintermann die Differenz der direkt zu vergleichenden Würfelergebnisse bei niedrigerem Würfelergebnis auszahlen bzw. erhält er bei höherem Würfelergebnis die Differenz ausbezahlt. Wer am Schluss der Spielzeit (in der Regel dauert ein Würfelspiel 20 Minuten) sich die meisten Nüsse erwürfelt hat, hat gewonnen und ist für dieses Jahr der sog. "Oberzwicker". Weiterhin wird dieses Spiel in abgewandelten Variationen gespielt: Beim sog. "Minizwick" werden die Sieger dadurch ermittelt, wer als Erster keine Nüsse mehr hat; entsprechend kürzer ist die Spielzeit. Andere Varianten sind "Durchnschnitts-Zwick" und "Pokal-Zwick".
Leider konnten wir an diesem Samstag nicht alle Runden spielen, weil uns Hans-Peter während des Pokal-Zwicks alle an die Luft setzte. Unsere Gemüter hatten sich zwischenzeitlich so erhitzt, dass die faire Ermittlung eines Siegers nicht mehr möglich war.
Nach der Abkühlung lasen wir trotzdem noch den ersten Teil ("Lütten-Weihnacht") aus "Weihnachten auf dem Ponyhof"...)
Bei regnerischem Wetter trafen sich am Samstag, 21. Dezember 2002 von uns 10 unerschrockene Jugendliche zur Adventswanderung: "Mit Fackeln in die Weihnachtszeit".
In unserer Einladung stand, dass wir in den Rucksack auch eine Tasse mit einpacken sollten, denn es könnte durchaus sein, dass wir auf einen Christbaum treffen könnten. Ein Christbaum mitten im Wald, also wirklich? - aber man weiß ja nie!?
Über aufgeweichte Wege unter tropfenden Bäumen hindurch fanden wir schließlich Schutz unter einem jungen Fichtenwald vor dem nassen Nebel und dem stürmischen Regen - und sahen uns überrascht an, als wir dort plötzlich auf eine weihnachtliche Stimmung mit brennenden Kerzen und Strohsternen an den Ästen und Teelichtern am Boden trafen. Und nicht nur das - Heidi und Johannes waren mit Manuel von der anderen Richtung aus gekommen und hatten uns das Ziel mit Fackeln angedeutet. Sie schenkten uns nun Punsch in unsere Tassen, die wir dankbar entgegenstreckten, um uns wieder etwas aufzuwärmen. Statt Tassen hatten sie Thermoskannen voller Punsch in ihren Rucksäcken. Als Hans-Peter den zweiten Teil der Weihnachtsgeschichte ("Eine Christnachtfahrt; s.o.") mit dem Satz "...und sie sangen andachtsvoll, O du fröhliche...", endete, sagte Amelie, "und das singen wir jetzt auch!"...
Mancher von uns war so überrascht, dass er erst zu Hause merkte, wie toll diese Jugendwaldweihnacht war.
Am 22. Dezember 2002 verkauften wir gemeinsam mit der Junge-Familie-Gruppe (Andreas, Karin, Peter und Heidi) vor und nach der Waldweihnacht Glühwein, Punsch - und unsere selbstgebackenen Weihnachtsbredla. Wie jedes Jahr hat die Junge-Familie-Gruppe einen Stand am Freisitz der Hütte aufgebaut. Die Waldweihnacht findet schon seit vielen Jahren auf dem Volkmarsberg statt. Jedoch ist es jedes Mal eine Herausforderung. Denn jedes Jahr ist das Wetter anders. Und auf das Wetter kommt es an, denn die Waldweihnacht findet normalerweise im Freien vor der Schutzhütte auf dem Volkmarsberg statt.
Letztes Jahr beispielsweise hatten wir viel Schnee, eine sternklare Nacht und Eiseskälte. Dieses Jahr hingegen regnete und stürmte es, so dass die Veranstaltung in die Hütte verlegt wurde. Die Besucher samt Pfarrer und Stadtkapelle des Musikvereins fanden denn auch fast alle Platz in der Hütte einschließlich uns, denn auch wir durften einige Stücke von Antoine de Saint-Exupery und Christian Friedrich Hebbel vortragen. Und weil die Gäste nicht so gerne nach draußen gingen, um Punsch und Bredla zu kaufen, kamen wir mit Punsch und Bredla in die Hütte. Schließlich wollten wir doch für unsere Patenklasse im Mädcheninternat TALITHA KUMI/Palästina etwas Geld einnehmen. Denn mit dem eingenommenen Geld können für die Mädchen Schulbücher, Schulgeld und Kleidung bezahlt werden.
Die Idee TALITHA KUMI zu unterstützen, entstand vor ca. 10 Jahren. Gemäß dem damaligen Motto der Schwäbischen Albvereinsjugend: "Kinder helfen Kinder" entschieden die Oberkochener Jugendliche, die Mädchen in TALITHA KUMI zu unterstützen. Dies wirkt bis heute fort - und tut mehr Not als je zuvor! Denn die Mädchen brauchen eine fundierte Ausbildung, um aus dem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit und des Analphabetentums ausbrechen zu können. So besteht auch die Chance, dass sie einmal als Erwachsene fördernd und stabilisierend auf einen hoffentlich irgendwann wieder in Gang zu bringenden Friedensprozess im sog. "Heiligen Land" einwirken können.
Adrian, Florian, Katharina, Christoph, Fabian, Jonas, Lydia, Clemens, Tobias, Christian, Frank
Im neuen Jahr am letzten Tag unserer Weihnachtsferien hielten uns Regen und Kälte nicht ab, den Weg zum Treffpunkt beim Kocherursprung zu suchen. Insgesamt waren wir 2 Mädchen und 8 Jungs, und wir waren denn auch ungemein gespannt, wohin es wohl gehen sollte.
Vorbei an den schäumenden Wellen des Kochers, wo vor einigen Jahrhunderten noch ein Hochofen stand, der Ursache für den Namen der Oberkochener Narrenzunft ist ( "Schlagga-Wäscher"), ging es zum Kocherursprung, der an diesem Tag besonders viel Wasser aus dem Berg der Nordsee über den Neckar und den Rhein hinaussprudelte.
Um später im Wald nicht dauernd von einem Kracher erschreckt zu werden, forderte Hans-Peter uns auf, oberhalb des Ursprungs die letzten Kracher zu verschießen. Dann gab er uns eine abstrakte Kartenzeichnung, anhand derer wir den Weg durch den Wald finden mussten. Uns fiel dabei Jim Hawkins mit seiner Schatzkarte ein, den wir an den Weihnachtsfeirtagen im Fernsehen im Vierteiler "Die Schatzinsel" bewunderten, wie er den Seeräubern heim spielte.
Zunächst folgten wir dem roten liegenden y, um nach dem ersten Anstieg kurz einem Schotterweg zu folgen, bevor es weiter den Berg hinauf einem Hohlweg folgend tief in dichten Buchenwald hineinging. Schließlich lichtete sich der Wald und wir standen plötzlich wieder auf einem Schotterweg, wobei mehrere Rehe und Hasen sich erschreckt in die Büsche schlugen. Unser Versuch, eine Abkürzung zu wagen, hingegen hatte den fatalen Erfolg, dass wir uns plötzlich auf einem Weg befanden, den es laut unserer Kartenzeichnung hier gar nicht geben durfte. Nach eingehender Beratschlagung fanden wir uns mittels Abteilungsschildern wieder zu Recht und wir wussten nun, dass wir von der Borzelhalde gekommen waren uns in der Abteilung der Fuchskohlplatte befanden.
Mittlerweile hatten alle von uns vom Regen nasse Kleidung bekommen, so dass ein Aufenthalt in einer warmen Hütte sehr willkommen gewesen wäre. Jedoch auf dem höchsten Punkt der Fuchskohlplatte angelangt war weit und breit keine Hütte zu sehen. Es waren zwar zwei Hütten auf der Karte angedeutet, aber da mussten wir noch eine ganze Weile gehen. Deshalb suchten wir Schutz in einem Fichtenwald am Wegesrand. Trotz des Regens hoben wir mit einem Spaten eine kleine Grube aus, um darin ein Feuerchen zu machen, über dem wir wenigstens unsere Hände wärmen konnten. Natürlich war alles nass und auch von oben tropfte es weiterhin mächtig herunter, so dass es uns nur mittels einer Fackel gelang, ein schwaches Feuerchen in Gang zu bringen, das wir denn auch mit unseren Regenschirmen vor dem Ausgehen schützen mussten. Andere von uns hatten sich in der Zwischenzeit daran gemacht, Fichtenäste und -zweige zu sammeln, um um einen Fichtenbaum herum ein trockenes Lager zu bauen. Zeitweise konnten wir uns darin wenigstens gegen den Regen von oben schützen.
Da wir hier nun doch nicht bleiben wollten (einige von uns dachten schon ans warme Wohnzimmer mit dem Fernseher), traten wir das Feuer sorgfältig aus, natürlich in der Gewissheit, dass dies nur eine große Ausnahme wegen der Kälte und der Nässe gewesen war. Ansonsten sind Feuer im Wald strengstens tabu. Wieder unterwegs entschlossen wir uns in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und der zwischenzeitlich doch völlig durchweichten Kleidung den direkten Weg Richtung Volkmarsberg-Parkplatz zu suchen. Vorbei an der Abflugrampe der Drachenflieger trafen wir doch tatsächlich auf einen Bauern, der im strömenden Regen Holz auf seinen Anhänger lud, was uns jedoch kaum beeindruckte, hatten wir doch beinahe Mitleid mit ihm, dass er noch nicht nach Hause konnte. Uns war der Aufstiegspfad der Drachenflieger an der Kante der Brunnenebene zur Brunnenhalde wichtiger. Und wir fanden den Pfad auch tatsächlich sofort, der uns hinab zur Volkmarsbergstraße führte.
Froh einem warmen Bad nicht mehr fern zu sein, aber stolz, dem Wetter getrotzt zu haben kehrten wir schließlich wieder nach Hause, schon in Erwartung der nächsten Abenteuer, die auf uns warten.
Schwäbische Albvereinsjugend in Oberkochen
(Veronika, Daniel, Yagiz, Fabian, Jonas, Frank, Tobias, Steffi, Adrian, Steffen, Florian, Christina, Amelie, Rebekka, Clemens, Lydia, Thomas, Lisa, Julia, Andreas, Marcel, Jan, Christian, Katharina, Christoph, Lukas)